Der Duvenstedter Brook und seine Pflanzenwelt im Wandel

Der Duvenstedter Brook, im äußersten Norden der Freien und Hansestadt Hamburg gelegen, ist eines der herausragenden Naturschutzgebiete des Stadtstaates. Eine aktuelle Abhandlung über dieses besonders interessante Gebiet ist soeben von Horst Bertram, dem 2. Vorsitzenden des Botanischen Vereins zu Hamburg e. V. veröffentlicht worden.

 Duvenstedter-Brook_Bertram-2014.pdf (887,7 kB)

NSG Duvenstedter Brook

Das Naturschutzgebiet Duvenstedter Brook ist eines der bekanntesten und bedeutendsten Naturschutzgebiete Hamburgs. Der Botanische Verein betreut das Gebiet gemeinsam mit dem BUND, dem NABU, der Naturwacht und dem Landesjagdverband. Die Betreuer treffen sich regelmäßig mit Vertretern des Naturschutzamtes, des Wohldorfer Hofes und dem Revierförster, um die Mahd und Beweidung des Grünlandes, Fragen des Wasserhaushaltes, der Jagd, der Wegesicherung o.a. zu besprechen.

Mit dem Namen „Duvenstedter Brook“ (kurz Brook genannt) verbindet man den Eindruck einer ursprünglichen Moor- und Bruchlandschaft, und doch ist sie das Ergebnis einer teils intensiven land- und forstwirtschaftlichen etliche Jahrhunderte langen Nutzung. Der Wechsel zwischen Wald, Moor, Heide und Wiesen ist das Produkt menschlicher Nutzung, wenn diese auch nicht zu allen Zeiten pfleglich gewesen ist.


Im NSG Duvenstedter Brook findet man anmoorige Flächen mit Pfeifengras-Beständen und seltenen Orchideenarten (Fleischfarbenes Knabenkraut, Orchis incarnata, RL HH 1) und auf abgeplaggten Torfflächen seltene Simsen (Weisses Schnabelried, Rhynchospora alba, RL HH 1). Im gesamten Brook gibt es nur ein Vorkommen der Gewöhnlichen Pestwurz (Petasites hybridus) – vor dem Aufblühen am 19.3.2011 aufgenommen. Auf den Feuchtwiesen wächst u. a. die Kümmelblättrige Silge (Selinum carvifolia, RL HH 1, unten rechts). Der Sumpf-Haarstrang (Peucadanum palustre, RL HH 3, Mitte – rechts) z. B. in nassen Seggenrieden.

Den lauten Balzrufen des Europäischen Laubfrosches (Hyla arborea) kann man im Brook im Frühling lauschen.

Der Geißklee Bläuling (Plebejus argus) liebt trockene Standorte ebenso wie feuchte Moorgebiete. Im Jahr 2008 war er Schmetterling des Jahres.


Der Brook liegt wie auf einer flach nach Süden geneigten Platte mit erhöhten Rändern, in die sich nach Süden zur Ammersbek mehrere Bäche eingeschnitten haben, die das Gebiet entwässern. Diese Bäche werden von Bruch- und Auwäldern begleitet. Die Mitte dieser Platte wurde am Ende der letzten Vereisung von einem Eisstausee eingenommen, der in der Tiefe teils kalkreiche Mudden hinterlassen hat.

Im Westen des Gebietes finden sich sandige, teils lehmige Böden, deren ursprüngliche Eichen-Birkenwälder schließlich über Jahrhunderte durch Waldweide in Heide überführt wurden. Die Preußische Landesaufnahme von 1878 stellt den West-Brook als fast reine Heidelandschaft dar. Durch Abplaggen hat das Naturschutzamt mehrere vergrasende Heideflächen bis auf den Rohboden abschieben lassen und so wieder Initialstadien der Heide erzeugt.

Heide-Aufforstungen mit Kiefern haben das Landschaftsbild erheblich verändert, obwohl die lockeren Kiefernbestände heute teilweise naturnah wirken mit Unterwuchs an Moosen und Heidelbeere (Vaccinium myrtillus) zwischen denen auf Lichtungen Heidereste zu finden sind. Der Boden, auf dem sie wachsen, zeigt die Strukturen eines Podsols mit Ortssteinschichten und deutet auf eine lange Periode der Heidenutzung hin.

Im Westen und Süden des Ziegenmelkerbusches gehen die sich reichlich verjüngenden Kiefernbestände in Birkenbruchwälder über, die ebenfalls auf ehemaligen Heiden aufgewachsen sind.

In Geländesenken stehen wasserstauende Schichten an, auf denen das oberflächennahe Grundwasser zu kleinflächigen Vermoorungen geführt hat, Dutzende von (inzwischen abgedämmten) Gräben sind als Spuren der aufgegebenen Urbarmachungsversuche seit 1925 im Ziegenmelkerbusch noch deutlich erkennbar.

Zwischen der trockenen Sandheide, dem Glockenheide-Anmoor (mit Erica tetralix, Trichophorum cespitosum, Juncus squarrosus) und Moorbirkenbruchwäldern finden sich alle Übergänge, bis hin zu hochmoorartigen Flächen, wie „Beim Madenpohl“ und den ausgedehnten Moorflächen am alten Grenzwall.

Bezeichnende Arten sind hier u. a. Wollgräser (Eriophorum vaginatum, E.angustifolium, Weißes Schnabelried (Rhynchospora alba), Moosbeere (Vaccinium oxycoccus) und die angesalbte Großfrüchtige Moosbeere (Vaccinium macrocarpum) aus Nordamerika.

Östlich einer Linie von Pfingsthorst nach Süden konnte mehrfach Kalkmudde des früheren nacheiszeitlichen Sees nachgewiesen werden. Die Großteils regengespeisten nährstoffarmen Zwischenmoore gehen im Osten in Niedermoore über, die „Im Großen Moor“ von Schilfröhrichten eingenommen werden.

In deren Mitte liegt heute eine Wasserfläche, an deren Stelle vor 32 Jahren noch ein kleines Kalkflachmoor mit dem Glanzstendel (Liparis loeselii), Sumpfwurz (Epipactis palustris), Fleischfarbenem Knabenkraut (Dactylorhiza incarnata) u.a. vorhanden war, wo kalkhaltiges Tiefenwasser an die Oberfläche gelangte.

Auf Niedermoorböden haben sich im Ostbrook zahlreiche Erlenbruchwälder entwickelt, mit der Walzensegge (Carex elongata), der Bachnelkenwurz (Geum rivale), der Hohen Schlüsselblume (Primula elatior) dem Zweiblatt (Listera ovata), dem Bitteren Schaumkraut (Cardamine amara) und anderen typischen Arten.

Alte ungestörte Waldstandorte auf kalkreicheren Jungmoränen-Böden mit Hainbuche, Esche und Eiche haben ihre Wuchsorte im Idensgrund, Haeckshegen und am Geelengraben. Hier kann man beispielsweise die Grünliche Waldhyazinthe (Platanthera chlorantha), den Winter-Schachtelhalm (Equisetum hyemale) und das Ausdauernde Bingelkraut (Mercurialis perennis) und die Steinbeere (Rubus saxatilis) finden.

Unter den Wiesen und Weiden sind die historisch älstesten am vielfältigsten, die aus irgendwelchen Zufällen heraus nie dauerhaft intensiv bewirtschaftet worden waren. Einige Feuchtwiesen wie die Kirchenblickwiese, die Horstwiese, die Kleine Brunftwiese, die Dovenham–Wiese, die Hegewiese und die Stehörnswiese sind reich an Sumpfdotterblumen (Caltha palustris), Kleinseggen und Knabenkräutern (Dactylorhiza majalis, D. maculata, D. fuchsii, D. incarnata).

Die Vielfalt an Biotopen liefert die Lebensbedingungen für eine vielfältige Tierwelt. Über die Vogelwelt und das Wild im Brook ist schon viel geschrieben worden. Weniger dagegen über die Insekten, insbesondere die Schmetterlinge, an die auch bei der Pflege des Gebietes mehr gedacht werden sollte. Ein großes Problem stellt heute die Pflege der Feuchtwiesen dar, die wegen zu großer Nässe manchmal nicht zu mähen sind oder deren Mähgut nur noch zur Entsorgung taugt. An eine wie auch immer wirtschaftliche Nutzung von Naturschutz-Wiesen oder- Weiden ist nicht mehr zu denken.

Gerade hier ist ein großer Artenreichtum nicht nur an Pflanzen, sondern auch an Faltern, Käfern, Libellen und Vögeln im Brook gegeben, den es zu bewahren gilt. Der Botanische Verein setzt sich im Rahmen der Betreuung dafür ein, einen Pflegeplan aufzustellen, der diese Belange umfassend berücksichtigt.

Es muss dann aber auch sichergestellt werden, dass die Stadt Hamburg die Geldmittel bereit stellt, um das Naturschutzgebiet dauerhaft fachgerecht zu pflegen.

Gebietsbetreuer Horst Bertram und Ingo Brandt

 

Karte NSG Duvenstedter Brook

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