Kaum ist die letzte Deicherhöhung auf den ab 1987 ausgebauten Deichen abgeschlossen, da geht es erneut um Hochwasserschutz. An der Elbe werden in den nächsten 25 Jahren die Deiche abschnittsweise um 1 Meter erhöht werden müssen. Prognosen gehen von einem Anstieg des Meeresspiegels um 40-80 cm bis 2100 aus, was tlw. eine Erhöhung des Mittleren Hochwassers (MThw) um 90 cm bedeuten könnte.

Dieser Anstieg ist unabhängig von Folgen einer etwaigen Elbvertiefung. Die Arbeitsgruppe KLIMZUG Nord weist in einem Arbeitspapier darauf hin, dass der Anstieg des MThw höher ausfallen wird als der des MTnw, wodurch der Tidenhub zunehmen würde. Der Flutstrom würde stärker zunehmen als der Ebbstrom.

Hoher Flächenverbrauch bei Deicherhöhungen

Die Erhöhungen sind ohne eine Verbreiterung der Deichbasis bei Erddeichen nicht machbar, da die Deichneigung flach gehalten werden muss. In der Regel werden 6 m zusätzliche Breite benötigt, woraus sich bei 78 km Länge in Hamburg theoretisch 47 ha Eingriffsfläche ergeben. Diese zusätzliche Fläche steht binnendeichs nicht durchgängig zur Verfügung oder wäre nur mit großem Aufwand, z.B. mit Verlegung der Deichverteidigungsstraße, zu erhalten. Daher ist die Verbreiterung der Deiche ins Vorland geplant. Hier befinden sich aber natura 2000- Schutzgebiete, auch ist auf besonders geschützte Arten Rücksicht zu nehmen.

Soweit die bestehende Deichgrundgrenze eingehalten wird, stellt die Verbreiterung nach dem Hamburgischen Naturschutzgesetz keinen Eingriff dar. Es ist allerdings nicht für den Laien erkennbar, wo diese Grenze im Gelände verläuft. Es ist durchaus mög-lich, dass ein extensiv gemähter Grünstreifen am Schilfrand, der gar nicht nach Deich aussieht, noch einbezogen ist. Bei unvermittelt am Strom liegendem Deich wird eine steilere und dann zu befestigende Deichböschung unvermeidbar sein.

Die Baumaßnahmen sollen in 20 Einzelprojekten durchgeführt und jedes Projekt einer eigenen UVP unterzogen werden. Dabei ist nicht nur die Eingriffsregelung zu behandeln, sondern auch die Kohärenz-Sicherung für die natura 2000-Gebiete und Schutzmaßnahmen für besonders geschützte Arten. Diese werden in einem integrierten Konzept mit möglichst zusammenhängenden Ausgleichsmaßnahmen gebündelt, die schon vor Baubeginn umgesetzt werden können. Dafür bietet sich das sog. „Ökokonto“ an, in dem Eingreifer einen Überhang an Ausgleichsmaßnahmen für sich einbuchen können, der beim später erfolgten Eingriff abgerechnet wird.

Deichrückverlegungen schaffen neue Überflutungsflächen

Dafür kämen auch Deichrückverlegungen in Betracht. An der Spadenländer Spitze, am Schweensander / Fünfhausener Hauptdeich und am Ellerholz bestehen durchaus Möglichkeiten, der Elbe Überflutungsflächen zurückzugeben. In der richtungweisenden Broschüre „Küstenschutz in Hamburg – Deichbau und Ökologie“ hatte 1993 die damalige Baubehörde / Amt für Wasserwirtschaft auch diese Flächen in der Planung, konnte sich aber im Senat damit nur fragmentarisch durchsetzen.

Aber auch unabhängig von der gesetzlichen Notwendigkeit, Ausgleichsmaßnahmen festzusetzen, wären Rückdeichungen für die Elbe hilfreich. „Allein für die Zeit nach 1962 werden im Hamburger Bereich Vorlandverluste in einer Größenordnung von 1000 ha angegeben“ hieß es in der o.g. Veröffentlichung.

Die mit Medienaufwand hochgelobte Umgestaltung der jetzigen Außendeichsflächen im Gebiet der Deichrückverlegung Kreetsand war im Prinzip im Planfeststellungsbeschluss der Rückverlegung vorgesehen, wurde dann aber zu einem Pilotprojekt zur Dämpfung des Tidenhubes verändert. Dann wurde dem Projekt auch noch eine Naturschutz-Funktion für den Schierlings-Wasserfenchel zugeschrieben. Da der im Vorland zu baggernde Priel nur eine ober Strom gelegene Öffnung haben soll- womit man etwas gegen den Tidenhub ausrichten möchte- ist mit Verschlickung zu rechnen. Dagegen helfen dann nur zu wiederholende „Entschlickungsmaßnahmen“.

Das ist sicherlich immer ein Eingriff, wenn auch ein rechtlich zugelassener. Bei einer erneuten Vertiefung der Elbe wäre eine mit der Maßnahme angedachte im Bereich von 3-4 cm liegende Verminderung des Tidenhubes aber vermutlich nicht mehr vorhanden. Es wäre also an der Zeit, größere Flächen als bisher dem vollen Tide-Einfluss zurückzugeben.

Horst Bertram

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