Ganz geheim bisher: Naturwald in Hamburg:

Lange hat es gedauert, jetzt aber ist der Plan für das Hamburger „Naturwaldstrukturprojekt“ (NaWaSPro) im Internet zu finden.

Schon 2007 wurden in der „Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt“ klare Ziele formuliert: Danach soll bis 2020 der Anteil der Naturwaldflächen im Staatswald auf mindestens 10 % erhöht werden. Angesichts des hohen Anteils von Wald-NSG und FFH-Gebieten sollte das kein Problem in Hamburg sein. Aber in der hamburgischen Wirtschaftsbehörde (die aus unbekannten Gründen auch für Wald zuständig ist) hatte man keine besondere Eile gesehen.

Es soll künftig 3 Kategorien von Naturwäldern in Hamburg geben:

Bannwälder, Kleinod-Flächen und Altholzinseln.

In allen als Naturwald ausgewiesenen Flächen soll die Jagd auf Schalenwild weiter stattfinden, da der Verbiss und das Fegen des Jungwuchses eine natürliche Wald-Entwicklung verhindern kann. Das kann man im NSG Duvenstedter Brook beobachten, wo der Verbiß bis in Beißhöhe einige Waldteile durchsichtig und arm an Sträuchern gemacht hat.

Bannwälder

Sie sollen aus möglichst großen zusammenhängenden Flächen bestehen, die dauerhaft aus der Bewirtschaftung genommen werden. Sie sollen sich ungesteuert entwickeln, man will also natürliche dynamische Prozesse wie das Absterben und Zusammenbrechen zulassen.

Dafür sind Flächen von mindestens 30-40 ha Größe Voraussetzung, die möglichst störungsfrei sein müssen. Geplant sind 513 ha.

Vor allem hat man Buchenwälder dabei im Blick, die in unseren Breiten die natürlichen End-Pflanzengesellschaften (Klimax-) darstellen mit den FFH-Lebensraumtypen Hainsimsen-Buchenwald und Waldmeister-Buchenwald, daneben aber auch Erlen- und Eschenwälder und Moorwälder, die ebenfalls als FFH-Lebensraumtypen gelten.

Im Duvenstedter Brook sind als Bannwälder Partien im Urbrook und im Ziegenmelker-Busch benannt. Der Wohldorfer Wald umfasst erwartungsgemäß die größten Flächen-Anteile.

Das Einstellen jeglicher Bewirtschaftung bedeutet nicht automatisch eine Zunahme der Artenvielfalt Es heißt dazu in der Senatsdrucksache (S.10): „Vielmehr zeigen Untersuchungen, dass naturnah bewirtschaftete Wälder vielfach einen höheren Artenreichtum aufweisen als ungenutzte Wälder. Diese nicht auszuschließende Entwicklung wird bei der Ausweisung von Bannwäldern in Kauf genommen, da auch die Zulassung von ungesteuerten Entwicklungsprozessen in Waldökosystemen einen hohen (naturschutzfachlichen) Wert an sich darstellt…“

Kleinod-Flächen

Sie sind forstlich und naturschutzfachlich besonders wertvolle und schützenswerte Waldgebiete. Darunter fallen FFH-Lebensraumtypen, besonders prioritäre, mit hoher Wertstufe, Naturwaldreservate und historisch alte Waldstandorte. Bei jeder Kleinod-Fläche müssen sich Forst- und Naturschutzverwaltung noch darüber einig werden, ob Pflegemaßnahmen notwendig sind. So sind im Rodenbeker Quellental 34 ha Kleinod-Flächen mit Pflege vorgesehen. Ohne die Pflege wäre der Frühjahrsaspekt der Anemonen-Teppiche wohl nicht zu erhalten.

Altholzinseln

Sie sind derzeit auch schon vorhanden- es sind 141 an der Zahl, wenn auch kaum jemand außer den Förstern davon weiß. Es handelt sich dabei um rasterartig verteilte Trittsteinbiotope in Altholzbeständen. In diesen dürfen die Bäume absterben und zusammenbrechen, so dass für Spechte, Hohltauben, Dohlen, Eulen sowie Fledermäuse, Käfer, Holzbienen, Baumpilze, Moose und Flechten die Lebensbedingungen verbessert werden. Ziel ist es, dass solche Altholzinseln 2% der Waldfläche bilden. Diese Altholzinseln sind aber nicht auf unbegrenzte Dauer gedacht, sondern es sollen neue Altholzinseln in der Nachbarschaft herangewachsen sein, wenn die bisherigen zusammenbrechen. Danach werden diese wieder in die Bewirtschaftung aufgenommen. Die Größe soll 0,3- 0,7 ha betragen. Es ist an etwa 200 solcher Altholzinseln gedacht. Diese Altholzinseln werden nicht auf die 10% -Quote der Flächenstilllegung angerechnet, da sie nicht dauerhaft aus der Bewirtschaftung genommen werden.

Hoffen wir, dass damit die Biodiversität in Hamburgs Wäldern verbessert wird! Es wäre sicher manches einfacher gewesen, wenn Wald in Hamburg zur Umweltbehörde gehörte. Sicherlich hätte man dort die Sinnhaftigkeit erkannt, die Naturschutzverbände – zumal sie auch Betreuer in Waldnaturschutzgebieten sind – beizeiten in die Überlegungen einzubeziehen, statt sie erst zufällig zu der Erkenntnis gelangen zu lassen, dass das fertige Ergebnis schon der Bürgerschaft präsentiert würde.

Hinweis: Auf dieser Homepage ist eine Presse-Mitteilung des Botanischen Vereins vom 11.4.2015 zu finden, die vor der jetzigen Regierungsneubildung in Hamburg  genau so aktuell ist  wie vor 5 Jahren. “

Horst Bertram

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