Moose – ein wichtiger Bestandteil unserer Flora

Die Gruppe der Moose bildet mit über ca. 430 Arten einen wesentlichen Teil der Hamburger Flora. Die Bedeckung der Stadtfläche mit Moosvegetation dürfte immer noch weit über 10% betragen, aber keiner kann das genau sagen. Moose sind auch heute noch überall; selbst in innerstädtischen Bereichen kommen sie in Parks und Gärten, an Bäumen und Mauern, auf harten und weichen Dächern und selbst in Pflasterritzen vor. Moose besiedeln vor allem extreme Standorte, dort wo es extrem feucht, extrem nährstoffarm oder auch nur sehr sporadisch feucht ist. Sie konkurrieren an manchen Standorten nur mit den „Hungerkünstlern“ Flechten, an anderen Standorten sind sie mit Blütenpflanzen im Wettbewerb um Licht. Sobald zu viele Nährstoffe verfügbar sind verdrängen Blütenpflanzen die insgesamt kleinwüchsigen Moose. Im Hinblick auf Nährstoffe sind viele Moosarten sehr genügsam, denn sie sind darauf angepasst mit den wenigen Nährstoffen im Regenwasser auszukommen.


Pogonatum urnigerum, das Filzmützenmoos, eine in Hamburg stark gefährdete Moosart die nur von wenigen Kies- und Tongruben sowie Friedhöfen bekannt ist.

Die Moosflora wird immer weiter verdrängt

Obwohl an extremen Standorten in der Stadt sicher kein Mangel ist, leidet die Moosflora aufgrund des Flächenhungers der wachsenden Stadt, der damit einher gehenden Trockenlegung der Landschaft und der Übersättigung mit Nährstoffen. Zum Beispiel sind baumfreie Moore die Domäne von Torfmoosen (Sphagnum-Arten). Vor 200 Jahren waren noch 48 km² von den 755 km² Hamburgs davon bedeckt. Heute ist nur noch ein kümmerlicher Rest von 3km² als mehr oder minder baumfrei zu bezeichnen.

Moose als Klimaschützer

Torfmoose sind Klimaschützer – wenn es die richtigen Arten sind. Ein wachsendes Hochmoor mit torfbildenden Moosarten fixiert Kohlendioxid aus der Atmosphäre. Anders als in anderen Ökosystemen wird der Kohlenstoff des Kohlendioxids dort auf „ewig“ in Form von Torf gespeichert. Aber dies nur, wenn die Wasserverhältnisse stimmen und nicht zu viele Nährstoffe eingetragen werden.

Auch wenn man sonst kein Interesse an Moosen hat, so ist zum erfolgreichen Betreiben des Kohlenstoff speichernden Moores als aktiver Klimaschutz doch eine genaue Kenntnis der Moosarten und von deren ökologischen Bedürfnissen erforderlich. Nur mit diesem Wissen ist es möglich erfolgreich gute Verhältnisse zu erhalten und evtl. zu schaffen. Das Wiederherstellen bzw. Schaffen von Hochmooren scheint unter den derzeitigen Verhältnissen der hohen Nährstoffgaben über die Luft kaum möglich, selbst wenn man die hydrologische Situation beherrschen sollte.

Baumbewohnende Moose

Im Falle von baumbewohnenden Moosen, sind die ökologischen und ökonomischen Funktionen nicht einfach zu erkennen. Aufgrund ihrer unmittelbaren Abhängigkeit von der Luftgüte und der Qualität des Regens wird das Auftreten und Fehlen von diesen Moosarten mit zur Beurteilung der Luftqualität herangezogen. Da das Substrat Baum sich quasi ständig erneuert repräsentiert eine solche Untersuchung dann nur einen recht kurzen Zeitraum – stellt also die aktuelle Luftgütesituation der letzten Jahre dar. Die Moosflora der Bäume kann also mit dazu herangezogen werden etwas zu messen, was technisch recht aufwändig wäre und visualisiert die Luftgütesituation gewissermaßen.

Genaue Kenntnis der Moosökologie ist unerlässlich

Diese beiden Beispiele sollen demonstrieren, dass es durchaus ein übergeordnetes Interesse an Kenntnissen über die Mooswelt und deren Schutz gibt. Es ist aber eine genaue Kenntnis erforderlich, um welche Arten es sich tatsächlich handelt, welche ökologischen Ansprüche diese besitzen und ob und was konkret zu ihrem Schutz getan werden muss.

Von Seiten der Stadt Hamburg wurde in zwei zeitlich kurz aufeinander folgenden Abschnitten eine systematische Untersuchung der Moosflora in unserer Stadt betrieben, die als Grundlage für das erste Artenhilfsprogramm der Moose in Hamburg 1994 diente.

Davor hatte Mooskunde hat in Hamburg zwar schon eine lange Tradition, aber erst 1991/92 wurde die Moosflora systematisch im gesamten Stadtgebiet erfasst.

Die damals formulierten Ziele waren:

  1. Spezielle Angaben zu einzelnen Lebensräumen zu geben, die zur Pflege und zur Erhaltung lokaler Moosvorkommen dienen.
  2. Die Bereitstellung von Informationen über die Moosflora, damit diese für landschaftsplanerische Belange zur Verfügung stehen. Dies sollte über eine auf Messtischblatt-Quadranten bezogene Auswertung der „bryologischen Ausstattung“ erfolgen.
  3. Über die direkten schutz- und planungsorientierten Ansätze hinaus, sollte das Werk auch dazu dienen, Moosinteressierten Anregungen zur weiteren Erkundung der Moosflora von Hamburg zu geben.

Im Vorfelde wurde zur Eingrenzung des Aufwandes eine Liste der vermutlich 41 häufigsten Moosarten definiert, welche nur auf Quadrantenebene abgestrichen werden mussten.

Für alle weiteren Arten wurden die Fundpunkte genau eingemessen und Daten über das Biotop, Vergesellschaftung und Vitalität erhoben.

Die in einem für solche Arbeiten sehr engem Zeitrahmen durchgeführte Kartierung förderte eine insgesamt doch recht artenreiche Flora zu Tage. Dazu trugen wahrscheinlich auch eine besonders günstige Witterung im Kartierungsjahr sowie neue Biotopanlagen bei, durch die z.B. „Moose der periodisch trocken fallender Gewässer“ gefördert wurden. Ein weiterer fördernder Faktor ist die feingliedrige Struktur in einem Stadtgebiet, die zu vielen Kleinbiotopen führt. Die damaligen Ergebnisse korrespondieren also mit denen der kürzlich veröffentlichten Gefäßpflanzenkartierung. Gleichzeitig war aber festzustellen, dass es selbst in den Randbereichen kaum auf bessere Luftqualität angewiesene Epiphyten gab. Zur Hamburger Innenstadt hin waren nur sehr wenige Arten in geringer Deckung an den Bäumen präsent, obwohl es auch im Innenstadtbereich zahlreiche potentielle Trägerbäume gibt.

Gerade auch in Mooren und Heiden jeglicher Ausprägung sind viele Moosarten unter dem starken Konkurrenzdruck der Gefäßpflanzen dezimiert worden oder schon ganz ausgestorben.

Artenhilfsprogramm und Rote Liste der Moose

1994 erschien das gedruckte Artenhilfsprogramm als innerlich zweiteiliges Werk. Es enthielt im ersten Teil eine Beschreibung von allen mooskundlich interessanten Biotopen. Hier wurden auch flächenbezogene Schutz- und Pflegevorschläge eingearbeitet. In dem zweiten Teil wurden alle Hamburger Moosarten dann mit ihrer Ökologie besprochen. Daran gekoppelt war die erste Rote Liste der Moose für Hamburg, welche dann auch in die Rote Liste der Moose Deutschlands mit Eingang fand (1996).

Heute ist diese schlaglichtartige Untersuchung der Mooswelt bald 20 Jahre her. Seither hat sich viel geändert, die Stadt ist weiter gewachsen, die Qualität der Luft hat sich teilweise verbessert, aber die kritischen atmosphärischen Nährstoffeinträge dauern an, neue Schutzkategorien, neue Schutzgebiete und erweiterte Pflegekonzepte sind entstanden.

Das Artenhilfsprogramm der Moose scheint die Migration in die digitale Welt nicht geschafft zu haben und das Interesse der Bevölkerung könnte größer sein. Das Wissen über den derzeitigen Status und die Bedrohungen der Hamburger Mooswelt ist derzeit so gering, dass an eine Aktualisierung der Roten Liste nicht zu Denken ist. Ein vom LANU Schleswig-Holstein in Zusammenarbeit mit der AG Geobotanik entstandener Verbreitungsatlas der Moose in S-H und Hamburg (2006) macht, gestützt auf eine Revision von altem Material, zahlreiche Korrekturvorschläge zur Einstufung der Gefährdung und schlägt Streichungen sowie Erweiterungen der Liste vor. Dies ist durchaus hilfreich, kann aber die mangelnde Kenntnis der aktuellen Situation nicht verbessern.

In wie weit die Schutzempfehlungen von damals noch aktuell sind und wie weit sie praktiziert wurden, muss durchaus hinterfragt werden.

Eine baldige Aktualisierung des Hilfsprogramms tut auf jeden Fall not.

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