Mängel des Agrarpolitischen Konzeptes für Hamburg
Das ist für Horst Bertram vom Botanischen Verein das auf Naturschutz und Bauleitplanung bezogene Ergebnis einer Lektüre des „Agrarpolitischen Konzepts für Hamburg“, das der Senat gestern vorgelegt hat.
Eine neu zu organisierende „Clearing-Stelle“, soll nämlich künftig verhindern, dass der Landwirtschaft durch Ausgleichsmaßnahmen unabgestimmt Flächen abhanden kommen.
Man findet aber keinen Hinweis auf eine Clearing-Stelle, die vermeiden soll, dass landwirtschaftliche Flächen für Bauvorhaben verloren gehen. Und da sind z.B. Pläne für Gewerbeansiedlung in der Rahlstedter Feldmark zu nennen, die schon Herr Horch in seiner Funktion als Chef der Handelskammer umgenutzt sehen wollte.
In dem Papier der Handelskammer wurde die Landwirtschaft als „ Partikular-Interesse“ abgetan.
Die Presse berichtete in den letzten Monaten zwar sehr anrührend über durch Ausgleichsmaßnahmen angeblich gefährdete Betriebe, und man konnte den Eindruck gewinnen, Landwirte seien mehr oder weniger der Willkür des staatlichen Naturschutzes ausgeliefert und würden nicht einmal gefragt.
Dass dieser Anschein aber trügt, haben die Antworten des Senats und der Bezirksverwaltung auf Anfragen zu zwei Presseberichten (im Bezirk Eimsbüttel und in Bergedorf) in der Bürgerschaft und in der Bezirksversammlung Bergedorf ergeben. In den beschriebenen Fällen waren die in der Presse verbreiteten Behauptungen in weiten Teilen demnach falsch oder irreführend.
Sowohl die BSU–NR, die beteiligten Bezirksämter als auch die BWVI haben die Landwirte vorher ins Boot geholt. Das hat gut funktioniert, so dass man sich fragt, was da reformiert werden muss.
Das Agrarpolitische Konzept geht aber offenbar davon aus, dass die Verfahren zum Ausgleich von baubedingten Eingriffen auf landwirtschaftlichen Flächen bisher völlig schief gelaufen seien und man alles neu organisieren müsse. Man muss aber das Rad gar nicht neu erfinden, ist die Meinung der Naturschützer vom Botanischen Verein.
Wie Planer am grünen Tisch jenseits aller Praxiserfahrung eben vorzugehen pflegen: Eine gut funktionierende Regelung wird abgeschafft und durch eine zeitaufwändige Umstandsbürokratie mit dem Namen „Clearing-Stelle“ ersetzt. Durch dieses Nadelöhr müssen dann Bebauungspläne und Planfeststellungsverfahren mit den damit verbundenen Ausgleichsverpflichtungen. Monatelange Verzögerungen sind vorauszusehen.
Wie positiv viele Landwirte extensive Grünlandnutzung aber sehen, ist im Agrarpolitischen Konzept (S.23) auch zu lesen: Dies sei eine gute Form landwirtschaftlicher Nutzung, die eine hohe Akzeptanz habe und deren Nachteile finanziell ausgeglichen würden.
Und gerade darum geht es bei vielen Ausgleichsmaßnahmen.
Da scheint der Senat das ihm von der BWVI vorgelegte Papier nicht richtig gelesen zu haben, urteilt der Geschäftsführer des Botanischen Vereins.
Horst Bertram
Anmerkungen zu dieser PM:
Wegen der notwendigen Kürze dieser ersten Stellungnahme ist diese nur auf einen Punkt fokussiert und lässt die fragwürdige Auslegung des Ökokontos ( FFH/WRRL) , die „Flexibiliserung“ beim Ausgleich oder den Abbruch von Gewächshäusern außen vor.
Auch ist die Frage, ob nicht der mangelhafte Ausgleich entgegen rechtlicher Verpflichtung ( wie beschrieben an Beispielen aus dem Bezirk Wandsbek in Heft 28/2014 der Berichte des Botanischen Vereins zu Hamburg) als Negativposten dem Ökokonto abgezogen werden müsste, noch gar nicht erörtert worden.
Gleichwohl hat der Senat die Ämter und Behörden „beauftragt“ nach dem Konzept zu verfahren.
Das scheint ja wohl keine Verordnung, keine Globalrichtlinie oder Anweisung zu sein, aber was ist es dann ?
Für die Naturschutzverbände gibt es viele Fragen, z.B. die nach dem „Gemeinsamen Rahmen zur Handhabung der Eingriffsregelung in Hamburg“.
Horst Bertram 22.4.2014