In diesem Frühjahr liegt der Schwerpunkt unseres Blogs bei den Zwiebelgewächsen. Heute wollen wir zwei besonders gelungene Beispiele aus dem Bezirk Hamburg-Nord vorstellen, die Anfang Mai ihre volle Pracht entfalten werden.

Auf einer Rasenfläche an der Köppenstraße bietet seit ein paar Jahren der blühende Dolden-Milchstern Ornithogalum umbellatum einen spektakulären Anblick. Die Milchsterne waren schon lange vorher da, unter der Traufe einer großen Platane, aber aufgrund des frühen Beginns der Mulchmahd wurden ihre Blütenstände regelmäßig geköpft, bevor sie sich entfalten konnten. Im Jahre 2014 hatte ich in der niederländischen Universitätsstadt Leiden in einer Parkanlage einen fantastischen Milchstern-Bestand gesehen. Davon hatte ich Egbert Willing vom Bezirk Nord und Klaus Hoppe von der Umweltbehörde Fotos gezeigt und sie gebeten, den Rasen an der Köppenstraße doch bitte einen Monat später mähen zu lassen.

Und das ist geschehen, mit großem Erfolg! Seit 2015 blüht es an der Köppenstraße fast genau so schön wie in Leiden. Und nicht nur das. Unter der alten Platane kommt auch der äußerst seltene Wiesen-Gelbstern vor, den wir in unserem Blog-Beitrag vom 29. März vorgestellt haben. Er steht auf der Roten Liste Hamburg als „stark gefährdet“, und er hat seinen Bestand nahezu vervierfacht, seitdem hier später gemäht wird. Ein gutes Beispiel dafür, wie förderlich es für frühblühende Pflanzen ist, wenn die Bezirke mit der ersten Rasenmahd im öffentlichen Grün bis Mitte oder Ende Mai warten.

Noch spektakulärer sind die Milchsterne an der Rathenaustraße. Auf einem anderthalb Kilometer langen und kaum mehr als zehn Meter breiten Streifen zwischen Straße und Radweg blüht hier gerade jetzt am 20. Mai 2021 der Nickende Milchstern Ornithogalum nutans, und zwar zu tausenden. Den Vergleich mit den berühmten Vorkommen in den Schlossparks von Plön und Eutin braucht er nicht zu scheuen. Kommen Sie und schauen Sie sich das an. Kommen Sie aber im nächsten Jahr möglichst auch schon einen Monat früher, weil sie dann erkennen können, warum die Standortsbedingungen hier für den Milchstern so günstig sind. Flächendeckend Scharbockskraut und kaum Gras, das ist es! Eine schüttere Grasnarbe ist ideal für die Vermehrung von Frühblühern, weil sie hier nicht von den konkurrenzkräftigen Gräsern bedrängt werden und im weitgehend offenen Boden ein ideales Keimbett finden. Vorausgesetzt, sie können Früchte bilden, und das wiederum heißt für den Bezirk: Mit der ersten Mahd bis Ende Juni (!) warten. Was hier übrigens kein Problem ist, weil das Gras hier eh nur ganz schwach wächst. Späte Mahd spart hier Zeit und Geld.

Rätselhaft, wie und wann dieser Bestand geschaffen wurde. Die Grünanlage wurde in der heutigen Form Mitte der 1950er Jahre geplant. Die Linden waren möglicherweise schon früher gepflanzt worden. Um 1960 dürfte auch der Radweg angelegt worden sein, selbst wenn in den Karten erst um 1970 ausgewiesen wird. Da die Milchsterne ausschließlich östlich davon vorkommen, dürften sie frühestens in den 1960er Jahren angesiedelt worden sein, vielleicht auch erst in den 1970ern. Wer mag das gemacht haben? Es braucht dazu nämlich sowohl Expertise als auch Ressourcen. Zuerst muss man die Eignung des Standortes erkennen, und dann wollen die für den Start erforderlichen Mengen an Zwiebeln dieser eher seltenen Pflanze erst einmal beschafft werden. Im Handel ist sie lange Jahre nicht gewesen. Spontan fallen mir zwei Menschen ein, denen ich eine solche Aktion zuzutrauen würde: Friedrich Kamps, der frühere Leiter des Anzuchtsgartens im Stadtpark, und der verstorbene Lothar Denkewitz, Lehrer an der benachbarten Schule an der Sengelmannstraße. Beide waren weit über Hamburg hinaus bekannte Staudenexperten. Es kann aber auch ganz anderes gewesen sein. Vielleicht gibt es in Hamburg-Nord ja noch Gärtner im Ruhestand, die darüber mehr wissen und mir einen Tipp geben können. Darüber würde ich mich sehr freuen.

Hans-Helmut Poppendieck 10.5.2021

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